Sonntag, 30. November 2008

Heterogenität ist die neue Homogenität - Web 2.0 als Antwort?

 

„Die undialektischen Medien werden zu langweiligen Medien, wie überhaupt unsere Kultur gerade wegen der Anstrengung faszinierend zu sein und fasziniert zu werden, unübersehbar dazu tendiert, zu einer langweiligen Kultur zu werden.[…] In wieweit es den Medien gelingen wird, sich in das dialektische Zeitalter hineinzufinden, hängt von ihrem Eigensinn ab. Ein eigensinniges Massenmedium kann es nur geben, wenn der Markt Eigensinn nachfragt. Eigensinnige Medien sind abhängig vom öffentlichen Bedürfnis nach Dialektik und umgekehrt.“[1]

 

Die Herausforderung und ökonomische Relevanz von Heterogenität als neuer Homogenität. Der zukünftige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika - Barack Obama - twittert[2], hat einen FlickR-Account[3], spaziert in Second Life[4], interagiert mit seinen Wählern über MySpace[5], Facebook[6] und YouTube[7], besitzt sogar einen Digg-Account[8] und leitet mit seiner frisch gelaunchten Homepage change.gov und der darin enthaltenen „Tell us your story“-Kampagne[9], wohl die erste Web 2.0 – Demokratie ein. Dieses aktuelle, in der täglichen Diskussion um die neuen Anforderungen an politische Diskussion sehr prominente Beispiel[10], zeigt deutlich wie Politik erfolgreich einer neuen Form der Homogenität seiner Wählerschaft begegnet ist, nämlich durch die Integration ihrer Heterogenität.

Nicht nur politische Kommunikation, ebenso Medien und Unternehmen stehen im Allgemeinen vor der großen Herausforderung Konzepte zu entwickeln, die den zunehmend individuelleren und sich somit stetig pluralisierenden Bedürfnissen der Nutzer und Kunden gerecht werden.[11] "Alte" Medien sehen sich im Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Konsumenten, einem kaum mehr zu steigernden Wettlauf der Reizintensivierung, Vereinfachung und Zeitverkürzung ausgesetzt.[12] Unter Bezugnahme des im Eingang dieses Kapitels zitierten „Eigensinns“, lassen sich bereits neue Medien und innovative unternehmerische Konzepte auf dem Weg in das sog. „dialektische“ Zeitalter beschreiben. So können Citizen Journalism, User Generated Content, Partizipation, Modifizierbarkeit, Individualisierung, Personalisierung, Mass Customization und Open Innovation als beispielhaft für die Ansätze einiger eigensinniger Medien und Unternehmen beschrieben werden, dieser neuen Homogenität, d.h. der Heterogenität zu begegnen. Im weitesten Sinne lassen sich die genannten Konzepte dem viel zitierten Begriff des sog. Web 2.0 zuordnen, welches jene Bereiche des Internets bezeichnet, die sich durch soziale Vernetzung und Interaktion, sowie die von Nutzern generierten Inhalte auszeichnen. Um es mit den Gedanken Tapscotts knapp zu formulieren: Das neue Internet, das Web 2.0, grenzt sich von anderen Medien, sowie einem etwaigen Web 1.0 im Wesentlichen durch den aktiven Konsum der Nutzer, sowie die Partizipations-, Gestaltungs- und Personalisierungsmöglichkeit von Inhalten ab. Die Web 2.0-„Prosumenten“[13], lassen sich nicht länger nur berieseln, sondern suchen nach mehr als nur dem passiven Konsum von Information und Unterhaltung.[14]



[1] vgl. Schulze 2000, S. 71 und 75

[10] vgl. für weitere Informationen zur aktuellen Diskussion um Obamas Einfluss auf die politische Kommunikation: http://www.text-gold.de/prozesse-in-online-redaktionen/wandel-in-der-politischen-kommunikation/ Stand: 30.11.08

[11] vgl. Meffert, Burmann, Kirchgeorg 10. Auflage 2008, S. 850, 852, 856

[12] vgl. Schulze 2000, S. 64ff

[13] vgl. für den Begriff des Prosumenten,

[14] vgl. Tapscott 2006, S. 37; vgl. auch Haas, Trump, Gerhards, Klingler 2007, S. 215

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